2 Familien, 1 Boot, 6 Häfen - ein Sommer vor Korfu
Von Sören Braun - 17.11.2013
Stichworte:Dieses Jahr machen wir den Urlaub mal ganz anders. Aktiver, flexibler – wir gehen segeln. Irgendwo wo es warm ist. Wo man die Seele baumeln lassen und vom Boot ins Wasser springen kann. Der Haken, von uns Achten sind 2 noch nie gesegelt, 2 haben schon mal auf einem Segelboot gesessen, 2 sind ein paar Mal auf einem kleinen Jollenkreuzer mitgefahren, einer segelt regelmäßig Optimist und nur einer hat ein gutes Maß an Erfahrung mit Motor- und Segelbooten von Optimist bis zur 50 Fuß Yacht. Mit 2 Familien, die 4 Kinder zwischen 6 und 12 Jahren, einen solchen Törn zu starten bedeutet, einige Randbedingungen zu berücksichtigen. Ganz davon abgesehen, dass es bezahlbar bleiben soll, sollte das Revier nicht zu anspruchsvoll sein, eine nicht zu aufwändige Anreise ist ebenfalls wünschenswert. Die Auswahl einer passenden Charteryacht war relativ einfach: 8 Kojen und 4 Kajüten sollten es sein, Rest (fast) egal.
Aufgrund früherer Urlaube und Empfehlungen aus der Literatur fiel die Wahl des Starthafens auf Gouvia / Korfu. Das ionische Meer gilt als schön und seglerisch für Anfänger gut geeignet, die Anreise per Flugzeug von Deutschland aus ist problemlos. Charteranbieter gibt es genügend, Yachten in allen Größen und Ausstattungsvarianten. „Unsere“ war eine Sun Odyssey 43, die Filomela - genügend Platz, gute Segeleigenschaften und für 2 Familien alles an Bord, was man braucht. Die Törnvorbereitung war intensiver als sonst.
Ich wollte sicher gehen, dass die Tagesstrecken nicht zu weit sind. Liegeplätze, Versorgung in den Häfen, die Strand für die Kinder und möglichst viel Abwechslung waren die Kriterien, nach denen ich den Törn vorbereitet habe. Ich habe dafür zu Hause schon Hafenhandbücher, Seekarten und Charterführer studiert – ein Aufwand, der sich mehr als gelohnt hat. Das Anlaufen der Liegeplätze war problemlos, die Einteilung von Wasser und Vorräten klappte sehr gut und auch kurzfristige Kursänderungen waren einfach, da ich auch Alternative Ziele schon angeschaut hatte.
Die Übernahme des Bootes in Gouvia wurde gleichzeitig fürs Einkaufen und Bunkern genutzt. Für den Anreisetag war nur ein kurzer Probeschlag geplant. Das Boot war gegen 16:00 Uhr seeklar, erste Einweisung, dann Leinen los und auf geht’s. Raus aus der Marina, in den Wind, Großsegel setzen, abfallen, Motor aus, Vorsegel raus, URLAUB!!! Wie schnell hier ein Gewitter aufziehen kann, das stand in keinem der Bücher und Berichte, die ich gelesen hatte. Auch der Wetterbericht hatte es nicht vorhergesagt. Innerhalb weniger Minuten zog sich der Himmel zu, der Wind nahm zu , dann Regen und Hagel.
Als Erstes wurden die Kinder unter Deck geschickt. Reffen hatten wir noch nicht geübt, also wieder Motor an, in den Wind drehen, Segel bergen und langsam gegen die Wellen gegenan. Das Dinghi auf dem Vordeck hätte ich besser festzurren sollen – hätte! Also ab nach vorne, Dinghi wieder aus der Seereling auf das Vordeck ziehen und ordentlich laschen, dabei immer die Umgebung beobachten. Die Sicht bei Hagel ist sehr Eingeschränkt. Ist mir vorher noch nie so bewusst gewesen.
So schnell, wie das Gewitter aufgezogen ist, so schnell war es auch wieder vorbei. Ein Rettungskragen schien noch weniger gut befestigt gewesen zu sein als das Schlauchboot – vielleicht hat der es ja bis Albanien geschafft. Das war die Feuertaufe, das Vertrauen in Boot, Skipper und Crew hergestellt. Aber für den ersten Tag reichte es. Die nächsten Tage waren weit weniger aufregend, aber dafür traumhaft schön. Petriti, eine kleine Ankerbucht mit Fischerhafen. Gaios, eine traumhaft schöner Ort auf der südlichen Nachbarinsel Paxos, der Markplatz direkt an der Pier, Restaurants, Bars direkt hinterm Boot. Man muss nur die Gangway rüber, schon ist man mitten im Leben. Dann weiter zu einer Badebucht auf Antipaxos.
Jeden Tag ein erstes Mal, anlegen mit Mooring-Leine, liegen vor Anker, Baden direkt vom Boot, schnorcheln, Dinghi fahren. Anlegen rückwärts an der Pier mit Buganker. Wenn man das erste Mal das „Bootsballett“ in einer dicht belegten Ankerbucht wie in Lakka miterlebt wundert man sich fast, dass die Länge der gesteckten Ankerketten auch bei einer 180° Drehung der Windrichtung passt und keine Boote kollidieren. Wer vorher noch an Backbord lag, ist jetzt halt achteraus. Dann weiter ans Festland, diesmal Anlegen mit Landleine zur Mole, abends die Festung von Parga besichtigen. Frühstücken und Abendessen in der Pflicht, erste Erfahrung im Dinghi-Fahren für die Kinder. Weiter nach Sivota, mitten im Geschehen liegen.
Der Kellner vom Restaurant achteraus bringt die Cocktails direkt ans Achterdeck, und das Hafenkino ist unschlagbar. Und die Woche geht unaufhaltsam dem Ende entgegen. Wieder Kurs setzen Richtung Korfu. Noch einen kurzen Abstecher zur Mäuseinsel, dann geht’s zurück zur Charterbasis. Ein letztes Mal Mooringleine für diesen Sommer, Boot festmachen, Boot übergeben. Die Eindrücke, die wir sammeln durften waren überwältigend. Die Kinder hatten Spaß, die Erwachsenen konnten mal richtig Abschalten, alle haben seglerisch viel dazugelernt.
Allerdings muss man sich wirklich gut verstehen, um mit 8 Leuten auf so engem Raum eine Woche zu verbringen. Am Ende waren sich alle einig, dass dies zwar der erste, aber sehr wahrscheinlich nicht der Letzte gemeinsame Segeltörn sein soll. Der Rettungskragen blieb übrigens das Einzige, was nicht wieder heil zurückkam…
Tour-Beschreibung
Info | Daten |
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Zeitraum | 29.06.-06.07.2013 |
Revier | Ionisches Meer / Mittelmeer Start-Hafen: Marina Gouvia, Korfu |
Route | Gouvia – Petriti – Gaios – Lakka – Parga – Sivota – Gouvia |
Strecke | 123 sm |
Boot | „Filomela“ |
Bootstyp | Sun Odyssey 43 |
Vercharterer | Athenian Yachts (über Cosmos Yachting) |
Verwendete Literatur
Rod Heikell: Griechische Küsten, 4. Auflage 2009, Edition Maritim
Andreas Fritsch: Charterführer Ionisches Meer Korfu – Zakynthos, 1. Auflage, Edition
Maritim Imray Chart G11: North Ionian Islands Nísos Kerkíra to Nísos Levkas, Juni 2011